9 Mali II

2. März 2008

Mali ist ein faszinierendes Land! So vielfältig, farbig, wunderschön, bettelarm, freundlich und furchtbar aufdringlich, dreckig und überwältigend. Mit den Campements hatten wir leider weiterhin kein Glück, es gab garantiert jedes Mal Musik bis weit nach Mitternacht oder einen Esel der die ganze Nacht schrie. Aber die Strasse nach Mopti führte durch schöne Buschsavanne und viele hübsche Dörfchen mit Rundhütten. Da alles aus Lehm ist, muss jedes Gebäude in der Trockenzeit renoviert werden, das heisst, es wird eine neue Schicht Lehm von Hand darauf gemacht. Man kann also in jeder Hüttenmauer ganz viele Fingerabdrücke erkennen. In einem Dorf wurde gerade die Mosche renoviert, und das war ein Spektakel für das ganze Dorf!

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An einem andern Morgen fuhren wir an unzähligen farbig bemalten Eselkarren, beladen mit Säcken und vielen Frauen vorüber – ein sicheres Anzeichen für den Wochenmarkt! In den frühen Morgenstunden sind die Gerüche für uns fast eine Überforderung: Da wird frittiert, es gibt unzählige Stände mit getrocknetem Fisch, dann die säuerliche Karitebutter, ganz zu schweigen von den obligatorischen Abfallhalden. Doch ein Markt in Afrika ist jedes Mal ein Erlebnis, und wir geniessen es, uns mit herrlichen Mangos, Tomaten, Ananas, Bananen, Süsskartoffeln und was auch immer einzudecken!

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Mopti ist eine wunderschöne Stadt. Direkt am Fluss gelegen ist sie noch immer ein wichtiger Warenumschlagplatz für Fische sowie die Salzplatten aus der Sahara, und der ganze Hafen ist gefüllt mit farbig bemalten Pinassen (Holzschiffe mit Aussenbordmotor, etwa 30 m lang und 2 m breit). In der Werkstatt kann man zuschauen, wie diese Schiffe noch heute von Hand gezimmert werden, ja sogar die Nägel werden aus Blech selber hergestellt! Wir wollten mit einer Pinasse zur Stadt Djenne fahren, pünktlich auf den faszinierenden Montagsmarkt. Eigentlich wollten wir keine touristisch eingerichtete Pinasse nehmen, sondern ein gewöhnliches Transportschiff. Doch leider hatte der Niger in der Zwischenzeit so wenig Wasser, dass keine Transportschiffe mehr fuhren, und so mieteten wir zusammen mit einem kanadischen Paar für ein horrendes Geld eine touristische Pinasse. Und es wurde ein genialer Tag: Wir hielten bei verschiedenen Dörfern am Ufer, wo wir einen Einblick in das Leben verschiedener Volksgruppen bekamen. Auf dem Fluss wimmelte es von Fischerbooten, man konnte Vögel beobachten und sich einfach vom ganzen Lärm und Trubel erholen.

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Wegen des niedrigen Wasserstandes und einer Autopanne erreichten wir Djenne erst spät abends. So ganz ohne unsern Yusuf konnten wir auf einem Hoteldach schlafen, mit Sicht auf die berühmte und weltgrösste Lehmmosche. Und der Hammer war: Auf dem Innenhof des Hotels stand ein Landrover mit Zürcher Nummerschild! Die beiden Schweizerinnen Adeyinka und Nadin sind schon seit dem September unterwegs (und haben eine geniale Homepage) und wir verstanden uns auf Anhieb wunderbar. Wir verbrachten fast den ganzen nächsten Tag zusammen auf dem Markt von Djenne. Morgens strömen die Händler langsam auf den Marktplatz, Eselkarren werden abgeladen, Lastwagen entladen, Waren in allen Farben und Düften ausgebreitet.

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Wenn die Sonne höher steigt, beginnen die Händler Pfosten in den Boden zu rammen und Sonnendächer über ihre Stände auszubreiten. Immer mehr Stände entstehen, immer mehr Leute strömen auf den Markt, bis alles nur noch ein Gewimmel ist. Die Farben, Düfte, Kleider, das Geschrei und Gedränge sind ein unvergessliches Erlebnis, und das alles vor der Kulisse von dieser wunderschönen Lehmmosche.

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Zum Schluss wurden wir wieder zurück nach Mopti gefahren, aber der Chauffeur war ein Irrer. Schon zu Beginn überfuhr er zwei Schafe und liess sie einfach auf der Strasse liegen. Und dann fuhr er die ganze Strecke wie ein Psychopath, wir wollten nichts mehr anderes als wieder unsern lieben Yusuf zu fahren!

In Sevare hatten wir dann das Glück, die Projekte der Allianz-Mission besichtigen zu können. Die Mission betreibt ein HIV-Zentrum, wo Tests und Beratungen durchgeführt werden, aber auch medikamentöse Behandlungen. Doch die Malier haben sosehr Angst davor, dass jemand ihre Krankheit bemerken könnte, dass sie sich kaum zu diesem Zentrum wagen, oder dann oft schon zu spät. Um es den Leuten einfacher zu machen hat das Zentrum nun ein kleines Hintertürchen, wo man sich unbemerkt hineinschleichen kann, so dass kein Nachbar es bemerkt. Ausserdem hat die Mission ganz viele Aufforstungsprojekte, wo Gemüsegärten mit Brunnen initiiert sowie neue Bäume gepflanzt werden. Daneben werden Schulen und Kirchen betrieben und auch weitere Gesundheitsstationen im Busch. Unter den Bozo (ein halbnomadisches Fischervolk, das sich nach dem Wasserstand des Nigers richtet und daher kaum fixe Schulen bzw. nur Koranschulen hat) gibt es ein Alphabetisierungsprojekt. Die deutschen Mitarbeiter Oli und Sonja luden uns spontan zu sich nach Hause ein, sie helfen mit in einem Projekt, wo junge Frauen die Möglichkeit haben, in Sechswochen-Kursen lesen und schreiben zu lernen und wo viele Themen wie Hygiene und HIV angesprochen werden. Mit diesen Mädchen, die ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht haben als Wasser zu holen, Geschwisterchen zu versorgen und Hirse zu stampfen, spielten wir Abends noch eine Partie Volleyball – hier haben sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Ball in die Hände genommen! Die Jungs spielen oft Fussball, aber Mädchen dürfen hier nie spielen. Uns haben diese Projekte sehr beeindruckt, und wir finden es auch toll, dass die meisten Angestellten Malier sind. Ausserdem genossen wir einen wunderbaren Abend bei Sonja und Oli zu Hause, zusammen mit ihren Kindern. Wir diskutierten stundenlang über Afrika und Mali, über die Probleme hier, ihre Ursachen und ihre Lösungen. Sie gaben uns damit einen tiefen Einblick in diese Kultur (mehr zum Projekt unter www.radfahrenfuermali.de).

Wir beschlossen dann, mit den beiden Schweizerinnen ins Dogonland zu gehen. Anstatt viel mit dem Auto zu fahren, wollten wir ein paar Tage trekken. In Sanga fanden wir dank dem Tipp von Oli und Sonja einen tollen Führer, Azarya. Die Dogon sind ein Volk, das bis vor kurzem sehr zurückgezogen und ursprünglich gelebt hat.

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Sie haben eine reiche Kultur und ein sehr kompliziertes animistisches Weltbild. Jeder Gegenstand, jeder Stein, jedes Haus kann eine spezielle Bedeutung haben oder heilig sein. Man braucht daher einen Guide, der einen an den verbotenen Orten vorbei führt und einem auch die Bedeutung und die Hintergründe von all den Gegenständen, Masken und Häusern erklären kann. Wir waren drei Tage in den Felsen rund um Sanga unterwegs.

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Die Landschaft war traumhaft schön, wir übernachteten in einfachen Hotels mit afrikanischer Dusche (= Wasserkessel), Plumpsklo, Matratze auf der Terrasse und einfachem Essen. Weil es jeweils so heiss war, machten wir bis vier Uhr Siesta, das heisst, im Restaurant wurden die Tische weggerückt und Matratzen ausgelegt. Azarya erklärte uns vieles über Traditionen, aber auch das heutige Leben der Dogon.

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Dies war aber auch schon der Abschied von Mali. Unser Visum war abgelaufen und wir mussten schleunigst die Grenze nach Burkina Faso überqueren. Auf einem steinigen, reifenkillenden Weg ging es steil die Felswände des Dogonlandes hinunter. Der schnellste Weg zur Grenze führte kreuz und quer durch die Landschaft und verzweigte sich überall. Wir mussten jeden, den wir trafen, nach dem richtigen Weg fragen. Aber das machte auch viel Spass, und als Dank nahmen wir dann ab und zu jemanden ein paar Kilometer mit! An der Grenze lief alles wie am Schnürchen, die Beamten waren nett und freundlich und das Wort „Cadeau“ wurde von keinem nur erwähnt! Das einzige was uns Sorgen bereitet ist die Grosszügigkeit, mit welcher Stempel in den Pass gemacht werden. Unser Pass ist jetzt schon halb voll, hoffentlich reicht der Platz aus!