15 Sambia

15. Juni 2008 

Kasane – Livingstone – Chirundu – Lusaka – Petauke – South Luangwa NP – Chipata

Sambia machte uns den Einstieg nicht gerade leicht. Schon im Voraus hatten wir gehört, dass einfach alles unglaublich teuer sei. So deckten wir uns noch in Botswana mit Lebensmitteln und Diesel ein und wagten uns an die Grenze. Doch dieser Übertritt war eine Katastrophe. Schon vor der Fähre über den Sambesi wurden wir von jungen Männern bestürmt, die uns beim Erledigen der Formalitäten behilflich sein wollten. Schlussendlich willigten wir ein, da sie nur ein geringes Geld verlangten, und wir es eigentlich unterstützen, den Leuten eine kleine Gelegenheit zum Geld verdienen zu geben. Doch wir waren auch sehr vorsichtig, weil wir befürchteten, dass sie irgend auf eine (Un-)Art versuchen würden, das grosse Geld zu machen. Nachdem wir bei der Zollabfertigung mindestens eine Stunde gewartet hatten, das Visa zwischenzeitlich doppelt so viel kostete wie noch vor einem Jahr (ist tatsächlich so, kostet nun 50$!) und auch unser Carnet de Passage (Auto-Zollpapiere) nicht akzeptiert wurde, stellte sich heraus, dass uns diese Jungs mit der obligatorischen Autoversicherung immens bescheissen wollten und uns irgend so eine Fake-Versicherung organisiert hatten. Andi machte eine Szene, wie ich es noch selten gesehen hatte und sie gingen natürlich leer aus. Trotzdem blätterten wir nochmals offizielle 80$ hin, bis unser Auto endlich die Abfertigung hinter sich hatte (Strassen-, Abgas- und Versicherungsgebühren)! Völlig entnervt machen wir uns nun daran, die obligatorischen Rückstrahl-Kleber fürs Auto zu suchen – sonst kann man darauf gehen, in ein paar Kilometern von der Polizei abgefangen zu werden.

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Als wir dann endlich Livingstone an den bekannten Victoria Falls erreichten, fielen wir nochmals aus allen Wolken, was die Camping-Kosten anging. Schlussendlich verbrachten wir trotzdem nochmals einen schönen Abend mit Sascha und Simone, den beiden deutschen Weltreisenden. Am nächsten Morgen ging es los zu den Victoria Falls. Schon von weitem hörte man den „Mosi-Oa-Tunya“, den „Rauch der donnert“, und auch den „Rauch“, die enorme Gischtwolke, sah man schon aus der Ferne aufsteigen. Die Falls wurden von David Livingstone offiziell entdeckt, fallen über eine Felskante von über 1.5 km Breite ab und zwängen sich anschliessend durch einen engen Canyon. Das ganze ist ein Spektakel, das alle Sinne in den Bann zieht, das Getöse, die Gischt die einem völlig durchnässt, die immense Grösse, die man gar nicht erfassen kann. Da der Sambesi zurzeit viel Wasser führte, konnte man nur etwa einen Viertel der ganzen Fälle erkennen, ein gewaltiges Naturwunder.

Zum Schluss, als wir uns nochmals darüber geärgert hatten, dass alles in Dollars bezahlt werden muss, hielten wir kurz am Strassenrand, um nochmals ein Foto von oben zu machen. Wir schlossen die Autotüren, dummerweise ohne sie zu verriegeln, und gingen zehn Meter bis an den Fluss. Als wir uns ein paar Sekunden später umdrehten, stand die Autotür offen. Wir rannten hin, aber keine Spur mehr vom Dieb. Conis Handtasche mit dem Portemonnaie und der kleinen Kamera, der Rucksack mit Conis korrigierter Sonnenbrille sowie – was für eine Katastrophe – Andis Fototasche, zwar ohne Kamera, aber mit dem Memory Flash mit allen Moremi-Fotos waren weg! Klar, es hätte noch viel mehr verschwinden können, so gross war der Schaden wirklich nicht, denn in Conis Portemonnaie hatte es „nur“ etwa 50 Fr. und abgelaufene Kreditkaren, den Rest können wir der Versicherung angeben. Aber die verlorenen Fotos! Wir gingen zur Polizei, und dann beschlossen wir zu versuchen, die Fototasche auf dem Schwarzmarkt zurück zu bekommen. Tatsächlich fanden wir bald ein paar suspekte Gestalten, die irgendeine heisse Spur zu haben meinten. Sie hielten uns den ganzen Tag auf Trab und meinten immer wieder, sie seien kurz vor dem Ziel. Leider tauchten sie aber schlussendlich nie mit dem Diebesgut auf. Ob es ihnen zu heikel wurde, ob sie sich das ganze zu einfach vorgestellt hatten, oder ob sie einfach auf Vorschussbezahlung unsererseits gehofft hatten, werden wir nie herausfinden.

Halb enttäuscht und halb erleichtert, uns nicht auf krumme Geschäfte eingelassen zu haben, fuhren wir am nächsten Tag los Richtung Lower Zambezi Nationalpark, wo wir eine Kanutour machen wollten. Auf dem Weg überholten wir einen Abschlepp-Laster, der genau den gleichen Landrover abtransportierte, wie ihn Sascha und Simone gefahren hatten, das Dach war völlig zusammengedrückt. Wir waren sehr besorgt, was da geschehen war und schrieben ihnen eine Mail. Wenig später schalteten sie auf ihrer Page einen Bericht auf, dass sie tatsächlich einen Unfall hatten, aber unverletzt geblieben waren. Was für ein Wunder! Wir wurden uns richtig bewusst, wie wenig schlimm der Verlust unserer Fotos ist im Vergleich zu einem Unfall oder einer schweren Krankheit.

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Leider war es auch direkt am Sambesi nicht möglich, ein billiges Angebot für eine Kanutour zu finden, doch wir rangen uns durch, uns eine zweitägige Tour zu leisten. Wir mussten einen Tag warten und verbrachten ihn genüsslich faulenzend am Ufer des Sambesi in der Zambezi Breezers Lodge, mit Aussicht auf die Hippos. Am nächsten Morgen stiegen wir in die Kanadier, ein Boot hatten wir für uns, das andere paddelte unser äusserst kompetenter Guide Jelous (wie kommt man nur zu diesem Namen?), der uns über alle Tiere, Vögel und Pflanzen viel zu erzählen wusste. Es ist unvergleichlich, auf einem Boot ruhig den Sambesi hinunter zu paddeln, an den Ohren und Nasenlöcher der Flusspferde vorbei zu gleiten, Elefanten beim Trinken zuzusehen und dabei zu beobachten, wie Adler ihre Kreise ziehen, Eisvögel sich blitzschnell ins Wasser stürzen, und ab und zu ein Krokodil geräuschlos ins Wasser gleitet. Was uns auch sehr beeindruckte waren die Siedlungen entlang des Sambesi, wo die Menschen auf engstem Raum mit all diesen Tieren zusammenleben müssen. Wir kamen an einer Art Freilichtmuseum vorbei, wo uns ein älterer Herr vieles über die Kultur der Kololo erzählte. Da das Museum noch im Aufbau ist und wohl noch kaum Touristen vorbei kommen, erklärte er uns auch voller Stolz das zukünftige Office, die WCs und Duschen. Die Nacht verbrachten wir auf einer Insel, zu unserer Überraschung kam der Koch mit Motorboot angerauscht, stellte uns Zelte auf, sowie riesige Buffets zu jeder Mahlzeit. Und wir hatten schon gedacht, wir könnten auf dem Kanu das eine oder andere Pfund abarbeiten…

Als wir wieder beim Campingplatz waren, mussten wir schnurstracks losfahren, um Lusaka rechtzeitig zu erreichen – für das Euro 08-Eröffungsspiel! Und was für eine Überraschung: Auf dem Campingplatz stand ein Auto mit Basler Nummernschild! Dani und Isabella sind schon seit Monaten in Afrika unterwegs, und so schauten wir uns die Schweizer Schmach gemeinsam an (zusammen mit den Afrikanern, die fast von jedem Spieler wussten, in welchem Club er spielt).

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Wieder einmal mussten wir uns richtig eindecken für den South Luangwa NP, den wir zusammen mit Dani und Isabella über eine Nebenstrecke erreichen wollten. Unterwegs nahmen wir noch zwei Amerikaner mit, die für Peace Corps arbeiten und dasselbe Tagesziel hatten wie wir. Für uns war es natürlich sehr spannend, von ihren Erfahrungen in Sambia zu hören. Ganz früh am nächsten Morgen starten wir von Petauke auf die kleine Nebenstrecke, die uns in den Park führen sollte. Wieder einmal fanden wir ein verzweigtes Wegnetz vor, wo uns die wenigen GPS-Daten wenig weiterhalfen, so fragten wir halten jeden, den wir trafen, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind. Die Route war fantastisch, die recht anspruchsvolle Piste führte uns vorbei an ursprünglichen Gehöften, unzähligen schwer beladenen Fahrradfahrern und Baumwollfeldern. Unterwegs wollten wir eine Schule besuchen und wurden sofort herzlich willkommen geheissen. Wie wir schon im Vorfeld gelesen hatten, wird in Sambia viel in die Ausbildung investiert, und wir staunten über die schönen und modernen Lehrmittel – wobei die Schulzimmer als einziges Mobiliar ein Lehrerpult hatten, und die 300 SchülerInnen nur gerade sieben Lehrer haben! Die Freude über die Schreibstifte und Fussbälle war riesig und fast beschämend für uns.

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Weil wir den Nationalpark nicht erreichten, suchten wir ein einsames Plätzchen und machten ein schönes Feuer, da wir uns schon an der Grenze zum Nationalpark befanden. Ausser Affen kriegen wir diese Nacht aber keinen Besuch. Die Gegend ist relativ stark besiedelt, und hier haben sich die Menschen als Schutz vor den Wildtieren Elektrozäune um ihre Gehöfte gebaut. Für uns sehr verständlich, denn Elefanten können in kürzester Zeit eine ganze Ernte vernichten, und die Affen sind eine richtige Plage. Trotzdem mutet es fremdartig an, wenn um ein afrikanisches Gehöft mit Rundhütten aus Lehm, geflochtenen Hühnerhäusern und kleinen spitzen Vorratskammern ein Elektrozaun gezogen wird.

Kurz vor dem Nationalpark fanden wir ein wunderschönes Camp am Fluss mit Aussicht auf Hippos, Krokodile, Elefanten und andere Tiere. Wieder einmal genossen wir einen Abend mit Andis meisterhaft gegrilltem Filet und vielen Diskussionen zusammen mit Dani und Isabella. In der Nacht wurden wir plötzlich durch gellende Schreie aufgeweckt, jemand schrie aus Leibeskräften nach Hilfe. Wir dachten sofort an Elefanten, die Schreie hörten nicht auf und Andi rannte in den Boxershorts zur Hilfe, gleichzeitig mit ein paar andern Männern. Der Mann schrie, eine Diebesbande hätte ihm seine ganzen Wertsachen und Papiere aus dem Zelt geholt. Schon fuhren die Wächter mit dem Auto heran, und dann wurde alles nach den Dieben abgesucht. Betroffen gingen wir wieder schlafen. Am nächsten Morgen stellte sich zum Glück heraus, dass die Wertsachen wieder gefunden wurden, von den Dieben fehlte jedoch jede Spur.

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Am nächsten Abend wollten wir versuchen, uns einen grossen Traum zu erfüllen: Endlich einen Leoparden zu sehen. Der Southern Luangwa Nationalpark hat eine sehr hohe Dichte an Leoparden, und wir haben verschiedenste Leute getroffen, die auf einem Night-Drive Leoparden beobachten konnten. Und tatsächlich wurde diese geführte Abend-Safari zu einem Riesenerfolg: Nachdem wir 5 junge Löwen beobachten konnten, entdeckte unser Guide, dieser Held, in der Dunkelheit tatsächlich einen Leoparden, der zuerst etwas umherspazierte und sich dann an eine Herde von Impalas heranschlich. Was für ein wunderschönes Tier! Glücklich und zufrieden schauten wir uns danach das Spiel Schweiz-Türkei an. Etwa fünf Minuten vor Schluss fiel der Strom aus, so dass wir von der Niederlage in der Nachspielzeit erst später hörten. Und am nächsten Tag fuhren Richtung Malawi, um dort am See wieder einmal ein paar ruhige Tage zu verbringen.