14 Botswana

2. Juni 2008

Lobatse – Gabarone – Rhino Sanctuary – Kubu Island – Makgadikgadi Pans NP – Central Kalahari NP – Maun – Moremi NP – Maun – Chobe NP – Kasane

Eigentlich wollten wir ja gar nicht nach Botswana reisen, geplant war, von Namibia direkt nach Sambia zu fahren. Unterwegs trafen wir aber so viele Leute, die von Botswana schwärmten, dass wir planten, wenigstens den hohen Norden Botswanas, das berühmte Okavango-Delta zu besuchen. Nun kam aber mit Yusufs Europa-Trip alles völlig anders als geplant. Bei all den Nachteilen, die das mit sich brachte, sind wir doch für eines dankbar: Wir konnten eine ausgiebige Botswana-Reise machen!

Botswana – was für ein Land! Schon am ersten Tag haben wir uns in dieses Land verliebt. 15 Mal so gross wie die Schweiz hat es nur 2 Mio. Einwohnern! Fast das ganze Land gehört zur Kalahari und ist also Trockensavanne mit einigen Wüstengebieten. Nur wenige grosse Strassen erschliessen das Land, der Rest sind schlechte Pisten, die Hunderte von Kilometern durch völlig menschenleere Gebiete führen. Und ganze 17% des Landes sind Nationalparks, die von Antilopen über Elefanten und Löwen einen unglaublichen Tierreichtum aufweisen. Der Staat weiss jedoch genau, welchen Wert diese Parks haben, und entsprechend bezahlt man auch für Parks und Unterkünfte! So machten wir schon etwas lange Gesichter als wir merkten, dass man in jedem Park etwa 30 Fr. (pro Person) für Eintritt und Übernachtung bezahlen muss. Aber als wir uns im Reiseführer einmal die Preise für die Hotels und Lodges anschauten, gab uns das fast den Schlag: Unter 250 Fr. pro Nacht ist da gar nichts zu finden – und die Preise sind nach oben völlig offen!

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Um unser Konto etwas zu schonen, haben wir uns am ersten Abend in die Büsche geschlagen und bei Sonnenuntergang ein Camp mitten in der Savanne aufgestellt. Es gibt nichts schöneres, als bei einem Sundowner (=Drink bei Sonnenuntergang) den leuchtend roten afrikanischen Himmel zu bestaunen, und später neben einem prasselnden Feuer und bei einem guten Abendessen den Sternenhimmel zu betrachten. Das ist wirklich der Traum von Afrika!

Der Süden Botswanas ist der fruchtbarste und auch meistbesiedelte Teil Botswanas. Im Gegensatz zu Namibia und Südafrika sind hier kaum Weisse zu sehen, und die Dörfer sehen reicher und besser entwickelt aus, als wir uns das sonst von Afrika gewöhnt sind. Es scheint ein gut entwickeltes Busnetz zu geben und man sieht wenige wirklich arm gekleidete Menschen. Die Menschen hier sind meist herzlich und freundlich, gebettelt wird selten. Dank den Diamantenvorkommen konnte die Regierung viel Geld in Strassen, Bildung und Gesundheitswesen investieren, und das Land gehört längst nicht mehr zu den ärmsten der Erde. Doch die grosse Tragik in Botswana ist AIDS. Wir haben gelesen, dass die Infektionsrate 40% beträgt und sich daher die Lebenserwartung in den letzten Jahren auf schockierende 33 Jahre halbiert hat!

Auf dem Weg durch die Dörfer und Städte des Südens haben wir all unsere Vorräte aufgerüstet und sind zuerst ins Rhino Sanctuary gefahren. Dieser kleine Park ist in Wahrheit eine von Militärs streng bewachte Zone, wo die letzten Rhinos aus dem Norden hintransportiert wurden, um sie vor der Ausrottung durch Wilderer zu bewahren. Wir hatten Glück, am Abend konnten wir 4 ausgewachsene und 2 junge Breitmaulnashörner auf dem Weg zum Wasserloch beobachten. Was für Kolosse das sind! Und welch ein Glück, kurz vor dem Eindunkeln konnten wir sogar noch ein Spitzmaulnashorn entdecken! Diese sind akut vom Aussterben bedroht und gehören auch zu den begehrten „Big Five“ (nebst Löwen, Leoparden, Büffeln und Elefanten), den 5 am schwierigsten zu jagenden afrikanischen Tieren. Dies war unsere erste Nacht in einem Nationalpark, wo alle Arten Tiere frei durchs Camp spazieren konnten. Natürlich machte ich (Coni) mir da etwas Sorgen, aber mit dem Auto neben der Feuerstelle konnte eigentlich nichts geschehen. Als Andi für längere Zeit aufs WC verschwand, hörte ich überall Tritte und Rascheln, und als ich in die Bäume leuchtete sah ich es: Zwei reflektierende Augen starrten mich an! Für mich gab es nur eine Erklärung, das musste ein Leopard sein, da diese Katzen ja in Bäumen leben! So „bewaffnete“ ich mich mit einer Schaufel und zog mich ins Auto zurück, wo Andi mich dann vorfand. Nun wollten wir diesem Geheimnis doch noch auf die Spur kommen. Bei genauerer Betrachtung stellte sich dann heraus, dass die reflektierenden Augen keinesfalls einem Riesentier gehörten, sondern einem etwa 10 cm grossen nachtaktiven Galago!

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Einstmals bedeckte ein See so gross wie die Schweiz Botswana. Als er austrocknete, liess er eine Salzpfanne zurück, eine topfebene schneeweisse Fläche – unser nächstes Ziel. Über diese Ebenen zu fahren, wo sich der Horizont in alle Richtungen schneeweiss gegen den blauen Himmel abzeichnet – kein Foto und kein Bericht können dieses Gefühl beschreiben. Man möchte ewig in diese endlose weisse Ebene hineinfahren! Das ganze ist nicht ganz risikofrei: Unter der Salzkruste kann sich Schlamm befinden, und wenn die Kruste einbricht kann man sich kaum mehr daraus befreien. So blieben wir immer schön in den Autospuren, denn in den Spuren geschieht einem nichts.

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Mitten in diesem ausgetrockneten See befinden sich ehemalige Inseln, die berühmteste ist die Kubu-Island. Es ist schwierig, sich das vorzustellen, aber mitten in der weissen Ebene steht diese Insel aus Granitfelsen. Auch diesen traumhaften Ort kann kein Foto richtig zur Geltung bringen. Ein kleiner Versuch: Die Sonne geht über der endlosen Salzebene unter, die Felsen der Kubu-Island glühen rot, die uralten knorrigen Babobas zeichnen sich gegen das Licht des Vollmondes ab? Es ist wunderschön!

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Am nächsten Morgen suchten wir Wege durch die Pfannen, die wir lediglich auf einer Skizze im Reiseführer gesehen hatten. Nach vielen Kilometern weisser Salzpfanne, gelbem Steppengras und Trockensavanne hatten wir unter kräftiger Mithilfe unseres GPS-Gerätes den berühmten Chapmans’s Baobab gefunden, ein Baum der mehrere Tausend Jahre alt sein soll und einen Umfang von 25 m hat! Auf dem Weg zum nächsten Ort begegneten wir zwei Deutschen, die sich grauenhaft verfahren hatten, die uns aber erklärten, dass in die Richtung, die wir unterwegs waren, der so genannte Buffalo Fence, also der Büffelzaun geschlossen sei. Die Botswanische Regierung hat hunderte von Kilometern lange Zäune quer durch das Land gezogen, mit der Begründung, dass so die Wildtiere nicht die Maul- und Klauenseuche in die Farmgebiete tragen könnten. Ab und zu kommt man an einen dieser Zäune, denen man dann bis zum Tor folgen muss. Dort werden theoretisch die Räder desinfiziert und wohl zum Teil auch Milch- und Fleischprodukte konfisziert, dies haben wir jedoch nie erlebt. Wenn aber ein Gate geschlossen ist, so gibt es absolut kein Durchkommen, daher mussten wir wohl oder übel umkehren. Die Deutschen schwärmten jedoch von einem kleinen Nationalpark, dem Makgadikgadi Pans NP. Kurz entschlossen drehten wir also um und fuhren zu diesem Park. Wir durchquerten den ganzen Park, ohne ein einziges Tier zu sehen. Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir den Khumage-Campingplatz, und dort endlich, am Ufer des Boteti-Rivers, fanden wir unzählige Zebras, Gnus und Giraffen, ein paar Hippos, und am nächsten Morgen als Höhepunkt zwei Geparden, die wir stundenlang beobachten konnten.

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Wenn man die Karte von Botswana betrachtet sieht man, dass es nur zwei Strassen von Nord nach Süd gibt, dazwischen ist einfach nichts! Dieser „weisse Fleck“ auf der Karte hat uns sofort in seinen Bann gezogen – die Central Kalahari. Wir durchfuhren diese ausgedehnte grasbewachsene Steppe mit einzelnen Akazienbäumen. Die endlose und einsame Weite zog uns völlig in ihren Bann. Wir folgten dem Deception Valley und sahen viele Oryx, Gnus und Straussen. Und auf einmal spazierte eine Löwin durch die Steppe, ganz nahe an den Oryx vorbei! In der Nacht waren wir die einzigen auf unserem Campingplatz, und auch im Umkreis von 100 km hatte es bestimmt nicht mehr als eine handvoll Menschen – ein faszinierendes Gefühl!

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Doch nun wartete das Okavangodelta auf uns. Es ist das grösste Binnendelta der Welt, das heisst, die Flüsse, die von Angola nach Botswana fliessen, gelangen nicht etwa bis zum Meer, sondern verlaufen sich und versickern am Rande der Kalahari. So bildet sich ein riesiges Gebiet, das von Sümpfen und Seen durchzogen ist, aber auch aus begrasten Ebenen und dichten Wäldern besteht. Da es kaum möglich ist, dieses Land zu besiedeln oder auch nur hinein zu gelangen, ist es ein Naturparadies geblieben. Bevor wir uns in dieses wilde Gebiet hinein wagen konnten, musste erstmals Yusuf wieder mal in die Garage: Ein Schlauch der Servolenkung leckte. Wiederum hatten wir Glück, obwohl es Samstag war, konnte unser Auto geflickt werden.

Am nächsten Morgen früh gönnten wir uns was ganz besonderes: Ein Rundflug über das Delta. Da dieses Gebiet so unzugänglich ist, kann man sich gar nicht vorstellen, wie es aussieht. Ein Pilot, der einiges jünger war als wir, flog uns eine Stunde lang über Flüsse, Sümpfe, Ebenen und Wälder. Da es viel Wasser hat im Moment, sieht man nicht so viele Tiere, sie sind überall verstreut. Aber trotzdem entdeckten wir hier eine Herde Büffel, dort Zebras, dann ein Kolonne von Elefanten auf dem Weg zu einem Wasserloch. Es war wunderschön!

Als wir all unsere Vorräte an Wasser, Diesel und Lebensmitteln aufgefüllt hatten, machten wir uns auf den Weg in den Moremi-Park, ein Teil des Okavangodeltas. Unter Nationalpark verstanden wir bisher meist ein Gebiet mit gut beschrifteten Strassen, eingerichteten Picknick- und Campingplätzen, ausführlichen Informationen usw. Davon gibt es im Moremi-Park nichts! Die Wege sind oft sehr schlecht, sumpfig oder tiefsandig, oder hören irgendwo im Wasser auf, so dass man wieder alles zurück fahren muss. Vor allem wenn man durch die kleinen Strässchen fährt muss man sich bewusst sein, dass da nicht täglich einer durchfährt. Einmal mussten wir auf einer Hauptstrecke eine Furt durchfahren, wegen Krokodilen liessen wir das durchwaten sein. Wir erschraken ziemlich, als das Wasser fast ein Meter tief wurde!

Von den Campsites hatten wir schon gehört, dass es sehr viel tierischen Besuch gäbe, vor allem die Affen seien furchtbar. So verhielten wir uns übervorsichtig, schlossen ständig alle Türen, und stellten die Kisten, die wir brauchten, möglichst nahe ans Feuer. Als es in den Ästen krachte waren wir sicher, dass nun die Affenhorde daherkommt. Aber nein, ein Elefant spazierte gemütlich an unserm Camp vorbei und verschwand wieder im Dickicht! Etwas später, beim Essen, hörten wir wieder Lärm hinter uns. Andi schaute nach – und direkt einer zähnefletschenden und knurrenden Hyäne in die Augen. Er versuchte sie, mit dem Licht und einer Schaufel zu verjagen – und sie ging auch sofort, packte aber zuerst noch unsere Kühlbox und verschwand damit im Schilf! Wir waren fassungslos. Dieses klobige Ding von einer Kühlbox war bis zum Rand gefüllt mit herrlichen Dingen wie Fleisch, Käse, Joghurt und kalten Getränken, und bestimmt 20 kg schwer. Wie konnte dieses Viech die Box überhaupt tragen? Und das sollte nun alles weg sein! Und noch schlimmer, nie mehr kaltes Bier oder Käse-Reserven in den nächsten 4 Monaten!? Wir schmiedeten Mordpläne und folgten mit dem Auto der Spur von Schokolade, Joghurt und Käse ins Schilf hinein. Aber keine Chance, wir vertrieben die Hyäne nur immer weiter weg. Wir krochen ziemlich deprimiert ins Dachzelt, wo wir noch lange das Geschrei der Hyänen und das Klappern des Kühlboxdeckels hörten.

Am Morgen folgten wir dann der Spur der Zerstörung. Es tat richtig weh, halb zerfressene Schokoladentafeln, zerquetschte Coladosen und von Ameisen befallene Käsestücke zu entsorgen. Doch plötzlich rief Andi, er habe die Kühlbox. Der Deckel war offen, sie war völlig zerbissen, sah aber noch ganz aus. Und was für ein Wunder: Die Box war noch halb gefüllt mit dem restlichen Joghurt, etwas Käse – und allem Fleisch!!! Das konnte uns hier keiner erklären! Und als wir die Kühlbox einsteckten, fing sie sofort wieder zu laufen an! So wuschen wir den ganzen Hyänen-Sabber weg und fuhren glücklich wieder los. Doch die Freude verging uns leider schon bald, denn Yusuf ging es überhaupt nicht gut. Bei jedem kleinsten Loch gab es einen gewaltigen Schlag. Dieser Schlag ging direkt auf die Hinterachse und das Differential, eine gefährliche Sache. Schnell fanden wir heraus, dass „nur“ die Stossdämpfer der Aufhängung gebrochen waren. Aber so konnten wir nicht weiterfahren, und schweren Herzens fuhren wir nach Maun zurück.

In Maun stellte sich heraus, dass dieses Ersatzteil nicht vorhanden war. Der Mechaniker versuchte, es in Gabarone zu bestellen. Aber nach 3 Stunden und einigen Telefonaten war immer noch nicht klar, ob es dieses Teil dort überhaupt gibt. Das hiess nun, in Südafrika bestellen und etwa eine Woche warten. Das darf doch nicht sein! Aber so ergeht es einem leider meist, wenn Afrikaner europäische Methoden übernehmen, es funktioniert einfach nicht! Andi fragte den Mechaniker nun, ob denn dieses Teil bei jedem Auto anders aussähe, oder ob nicht ein neuer Nissan dasselbe Teil haben könnte. Und nun ging es auf die afrikanische Art los: Die Teile wurden abgeschraubt und der Mechaniker verschwand für eine Stunde. Dann kam er strahlend zurück, es hatte geklappt! Er hatte passende Teile aufgetrieben, und die mussten nun nur noch eingebaut werden. Doch auch das ging sehr typisch afrikanisch zu: Wir wurden „entlassen“, da gerade Mittagspause war, und auf vier Uhr zurückbestellt. Als wir zurückkamen, waren sie noch keinen Strich weiter mit dem Auto. Erst als wir wieder daneben sassen, wurde die Arbeit wieder aufgenommen – Aber am selben Abend hatten wir unsern Yusuf wieder!

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Frisch eingedeckt mit Proviant fuhren wir diesmal direkt zum Chobe-Nationalpark, ganz im Nordosten von Botswana. Dort gibt es eine geschätzte Elefantenpopulation von 120’000 Stück! Vom ersten Camp im Chobe-Park, dem Savuti-Camp waren wir jedoch ziemlich enttäuscht. Wir haben gehört, dass es dort von Tieren und insbesondere von Löwen nur so wimmeln sollte. Aber wir mussten stundenlang fahren, um nur ein paar einzelne Tiere zu entdecken. So fuhren wir weiter an den Chobe-Fluss. Vom Campingplatz waren wir begeistert: Direkt am Ufer des Flusses gelegen konnte man beim Sonnenuntergang die Wasservögel vorbeifliegen sehen, die Warzenschweine spazierten vorüber und ein paar Antilopen verschwanden im Busch. Als wir abends am Feuer sassen, knackte und raschelte es auf allen Seiten: Eine Herde Büffel umringte unser Camp! So genossen wir Botswana nochmals aus vollen Zügen, fuhren mit Herzklopfen an Elefantenherden vorbei, beobachteten Vögel und verbrachten einen schönen Abend mit Sascha und Simone aus Deutschland.

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Dann ging’s aber definitiv mit der Fähre über den Sambesi nach Sambia. Wir hoffen nur eins: Dass wir irgendwann wieder in dieses Land zurückkehren können!